Heute ist der Welttag des Buches. Für Welttage bin ich jederzeit zu haben: am WeltTOILETTENtag findet man mich auf dem Lokus, am WeltSCHLAFtag im Bett. Am Tag des Butterbrotes sieht man mich Knifften kauen, am WeltNUDELtag Makkaroni mampfen. Am Tag der seltenen Krankheiten war ich selten krank (begünstigt durch die Tatsache, dass dieser Tag nur in Schaltjahren stattfindet).
Auf dem Programm steht also lesen, und deshalb stöbere ich mal in meiner Kiste mit Neuzugängen…
Neulich war ja noch großes Bücherverschenken in der Schule. Ich hatte leider keine Freistunde, war dazu noch Pausenaufsicht. So kam es, dass der Wühltisch im Lehrerzimmer bereits tüchtig abgeräumt war, als ich nach der siebten Stunde zuschlagen wollte. Es fanden sich nur noch ein paar Groschenromane: „Im goldenen Käfig des Italieners“, „Die Geliebte des griechischen Milliardärs“, „Verführt im Schloss des stolzen Spaniers“.
War es Zufall, oder waren alle nordischen Titel vergriffen? Ich vermisste „Küsse auf dem Krabbenkutter“, „Die Olle vom Olsen“, „Moin, moin, sagt die Liebe“.
Neben den Herzschmerzheftchen nur noch ein Campingplatzführer von 1997 und ein GEFRIERRATGEBER! Welcher Kollege gewährt uns hier Einblicke in seine Belesenheit? Klischee, klar, aber ich denke sofort an unsere Sportdozenten. Die sitzen schließlich ganzjährig im Trainingsanzug im Lehrerzimmer, und nicht nur am 21. Januar, dem internationalen Tag der Jogginghose. Und lesen brauchen die ja von Amtswegen im Prinzip nur wenig. Höchstens mal W. Stuhlfath: Volkstümliche Turnspiele und Scherzübungen. Langensalza 1928. Mit einem Geleitwort v. F. L. Jahn – nein, nicht Turnvater Jahn 😦
Es fällt sofort ins Auge, dass der mehrsprachige Gefrierratgeber im Deutschen Gefrierratgeber heißt. Folgerichtig, finde ich. Auch die Niederländer hätten sich mit einem einfachen Hauptwort begnügen können, „diepvriesgids“ zum Beispiel. Stattdessen, eigentlich untypisch, das gestelzte „Anweisungen betreffend Tieffrieren“. Tja, und der Italiener, dieser heißblütige Tiefkühl-Casanova, der in seiner goldenen Truhe natürlich ausschließlich aphrodisierende Austern bewahrt, macht gleich eine Oper daraus: „Consigli pratici per la congelazione e surgelazione dei cibi.“
Damit bleibt der Italiener allerdings im Rahmen der 140 Zeichen, die ein Tweet haben darf, und er überspannt nicht die Konzentration von jungen Lesern. Junge Leute, so will es das Vorurteil, lesen nicht mehr.
Aus der letzten Landeskunde- und Literaturprüfung: „Luther übersetzte die Bibel und Gutenberg hat den Drucker entdeckt. Luther konnte hierdurch mehrere Bibeln übersetzen.“
Wenn ich den Gefrierratgeber ausgelesen habe, stürze ich mich sogleich auf das Buch der Bücher:
Die Bibel 2 – nach dem großen Erfolg des Vorgängers jetzt die Fortsetzung!
Warum warten? Den Ratgeber kann ich auch später noch lesen, zum Beispiel am Tag der Tiefkühlkost. Eingeführt von Ronald Reagan. In USA gibt es dann Fischstäbchen als Festessen.
Peinlich, jetzt habe ich tatsächlich Hunger gekriegt. Und dabei habe ich noch immer nichts gelesen… der Welttag des Buches ist in wenigen Minuten vorbei. Kompromiss: Buchstabensuppe.