Jedem den Seinen

Rutger gesellt sich immer erst in der dritten Halbzeit zu unserer Freizeit-Kicker-Runde. Eine ominöse Verletzung hält ihn davon ab, auf dem Platz mitzumischen. Beim bierseligen Fach­simpeln aber ist er einsame Spitze. Aus irgendeinem Grund, den ich wohl verpasst habe (oder der ich womöglich selbst bin) fängt Rutger wieder von Lothar Matthäus an: „Wie der immer genervt hat!“

hobbyKlar: mich hat der auch genervt wen nicht? Aber er hat uns mit zum Welt­meister gemacht. Dieses Argument wiegt naturgemäß für Rutger genau­so schwer wie für mich. Nur eben in der anderen Waagschale. Allerdings ist das alles doch auch schon wieder so lange her…

Auch nach sieben Jahren in diesem Land begreife ich nur an­nähernd die hol­län­dische „Matthäus Passion“. Selbst in einem Artikel über das neue positive Deutsch­land-Bild im Jahr 2014, in dem es heißt, dass Berlin hip sei, und daloddass der Holländer neuer­dings auch Bayern München die Daumen drücke, darf Lothar nicht fehlen. Unter seinem Foto lese ich: „stand lange einer besseren Beziehung im Weg.“

Rutger verarbeitet neben der Ver­gangen­heit auch schon wieder sein drittes Bier: „Lothar Matthäus ist ja wohl auch der deutscheste Name, den es gibt!?“

Es mag zwar der deutscheste aller Namen sein… nun gut, der zweit­deutscheste. Was aber wenige wissen ist, dass es auch mal einen niederländischen Fuß­ball­spieler namens Lothar gab. Und was für einen! Lothar van Gogh, Großneffe von Vincent. Und dieser holländische Fußball-Lothar

– hat bei seinem Debüt ein Tor erzieltlodda graffi 8

– ist einer der 10 jüngsten Torschützen in Oranje (19 Jahre, 2 Monate)

– war Ingenieur

– war auch Cricket-Nationalspieler

Rutger, alias Rüdiger („ich darf doch Rüdiger sagen?“) schweigt. Er ballt die Faust im Erd­nuss­schälchen und denkt: „Sch… laumeijer! Ik moet snel naar huis!“

Neues Spiel, neues Glück

An ihren Trainern sollt ihr sie erkennen

Guus Hiddink ist der Nachfolger von Louis van Gaal. Hiddinks Spitzname ist „Guus Geluk“, das heißt Guus Glück und ist der niederländische Name von Gustav Gans. Alles was Hiddink anfasst wird nämlich zu Gold, genauso wie bei Donald Ducks Cousin dem mit dem unerträglichen Glück. Aber das Glück scheint Guus nicht mehr so hold wie einst. Die Leistung bei der 1:2 Niederlage gegen Tschechien ist eines WM-Dritten unwürdig.

Hiddinks Tage sind gezählt

Bereits beim Abspielen der Hymnen muss einen das ungute Gefühl beschleichen, dass der Abend zum Scheitern verurteilt ist: alle niederländischen Nationalspieler stehen ordentlich in Reih und Glied, bis auf Wesley Sneijder, den man nicht sehen kann, weil die Sicht auf den kleinsten Spieler der Elftal vom längsten tschechischen Eskortkind genommen wird.

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Kurios: Hiddinks Tage als Bondscoach sind bereits gezählt bei seinem Amtsantritt, er wird gleichzeitig mit seinem Nachfolger vorgestellt, nach der Europameisterschaft 2016 in Frankreich übernimmt Danny Blind. Wie unterschiedlich ist doch die Personalpolitik beider Bünde, KNVB und DFB!

DFB-Ären währen länger

Zwar rief die Bild-Zeitung nach Grinsi-Klinsis Abschied „Die Ära Klinsmann geht zu Ende!“ und meinte damit einen Zeitraum von zwei Jahren; generell aber gilt: in Deutschland währen Ären länger. Unsere Fußballkanzler haben Kohl-mäßige, Merkel-eske Amtszeiten. Seit der DFB Länderspiel-Premiere im Jahre 1908 wurde die deutsche National­mann­schaft von zehn Trainern beziehungsweise Teamchefs betreut.

Hiddink der erste Nationaltrainer, der die ersten beiden Spiele verliert seit… Hiddink

Im selben Zeitraum waren beim KNVB, dem Königlich Niederländischen Fußballbund 41 „Bonds­coaches“ tätig. Die Zahl der Amtszeiten liegt sogar bei 52, denn einige Coaches waren mehr als einmal Bundes­trainer, zum Beispiel Dick Advocaat (WM 1994 und EM 2004), Rinus Michels (WM 1974 und EM 1988) und nicht zuletzt Louis van Gaal, der ja 2002 die WM-Qualifikation verpasste. Und auch der Nachfolger van Gaakohl 11ls, Guus Hiddink ist ein alter Bekannter auf diesem Posten: 1998 führt er die Nieder­lande bis ins WM-Halbfinale. Man muss sich das mal auf Deutschland übertragen vorstellen: unser Coach von vor 16 Jahren würde zurückkehren. Nun ja, von Berti Vogts stammen die prophetischen Worte „Man sieht sich im Leben immer zweimal!