Der holländische Dreisatz lautet: in Rotterdam wird das Geld verdient, in Den Haag verteilt und in Amsterdam zum Fenster rausgeschmissen. Im Niederländischen lautet die Redewendung übrigens „Geld ins Wasser werfen“, denn wenn man hier Geld aus dem Fenster wirft…
Den Haag ist der Regierungssitz, Amsterdam die Hauptstadt und Rotterdam die Arbeiterstadt: hier verkaufen die Herrenboutiquen die Hemden mit bereits hochgekrempelten Ärmeln. R’dam baut einen Wolkenkratzer nach dem anderen und wird wohl erst Ruhe geben, wenn kein Licht mehr in die Straßenschluchten fällt.
In A’dam hingegen sitzen Lottogewinner und Lebenskünstler in sonnenüberfluteten Straßencafés und lassen wissen, dass das erste Lyrikbändchen jetzt doch schon sehr zeitnah fertig werden können müsste. Rotterdam, den ewigen Zweiten, plagt eine Art Calimero-Komplex, denn ständig muss man sich mit den versnobten Hauptstädtern vergleichen, für die die Provinz gleich hinterm Van-Gogh-Museum beginnt. In nationalen Ranglisten steht Rotterdam nur dann oben, wenn es sich um die Kriminalitätsstatistik handelt. Oder um die Liste der Telefonvorwahlen, denn da heißt es:

Diese Vorwahl ist mehr als nur eine Ziffernfolge, die man beim Wählen einer Telefonnummer eingibt – für Rotterdamer ist sie ein Synonym für den Städtenamen, der nie besser klang als in die zwei Zahlen „nul-tien“ übersetzt. Alle, auch die Schnösel aus Amsterdam, haben sich dem unterzuordnen!
Leider ist das Schicksal ein Scheusal, der Fußballgott ein Quälgeist, und leider verliert Feyenoord am 10. Spieltag im 10. Monat des 10. Jahres mit 10 Mann 0:10 gegen PSV Eindhoven. Ausgerechnet! Das ist die höchste Niederlage, die Feyenoord jemals hinnehmen muss. Trainer Mario Been ist nach dem Abpfiff nahe am Wasser gebaut, bietet seinen Rücktritt an. Doch trotz null zu zehn muss Been nicht geh’n. Die Zeitungen feixen: „Mit einem Been [=Bein] in der zweiten Liga“. Feyenoords technischer Direktor Leo Beenhakker (!) lässt Mario am Stück und spricht:
„Wir könnte‘ hier auch alles abreiße‘ un‘ ein Schwimmbad baue… aber das gehen wir lecker nicht tun!“
Stattdessen baut Rotterdam eine Markthalle, das höchste Bürogebäude der Niederlande, das höchste Wohngebäude, einen neuen Bahnhof – wo es beim Baggern plötzlich heißt: „Bommelding!“ Klingt zwar lustig, bedeutet aber „Bombenmeldung“. Eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg. Kennen die aus 020 nur aus dem Fernsehen.
Gut geschrieben und lustig (wie immer): Landeskunde in een notendop 🙂
Übrigens ‚geld in het water gooien‘ gibt es, allerdings habe ich den Ausdruck in 45 Jahren Niederlande (bewusst) nie gehört, im Gegensatz zu ‚geld over de balk‘ gooien. Aber Wasser passt natürlich. Liebe Grüße
Gisela
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Liebe Gisela,
dankeschön für deine nette Reaktion!
Zu dem Ausdruck „geld in het water gooien“: ich höre ihn ständig. Liegt vielleicht daran, dass ich ihn selber benutze, haha! Ich sollte gewarnt sein, seit ich meiner Frau gegenüber felsenfest behauptete, man könne im Niederländischen „dicht je kop!“ sagen. Sie verneinte vehement. Ich dachte mir, ich werde dieser widersprechenden Muttersprachlerin mal zeigen, was Sache ist, und startete eine Google-Suche. Die ergab exakt einen Treffer: meinen eigenen Blog …
Schöne Grüße
Moddin
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Hallo lieber Martin, mir ist eben eine Kiste aus dem Regal gefallen in der ich seit Jahren alte Briefe aufgehoben habe und da fand ich eine ganze Menge Post vor Dir. Und dann hab ich dich einfach Mal gegoogelt. Macht man ja heute so. Und jetzt schreibe ich dir, denn so haben wir das Jahre lang gemacht. Ich wohne immer noch in Aachen und würde mich freuen von dir zu hören. Liebe Grüße deine alte Brieffreundin Anne
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